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30 Jahre Mauerfall – Bundesfreiwillige vom Bildungszentrum Ith auf den Spuren der Teilung und der DDR in Berlin

Unter dem Motto „30 Jahre Mauerfall – Fluchtursachen früher und heute“ erfolgte anlässlich des Jubiläums des Mauerfalls vor 30 Jahren die Exkursion der Bundesfreiwilligen vom Bildungszentrum Ith nach Berlin. 

Die erste Station auf der Reise stellte der Grenzübergang Helmstedt/Marienborn dar, welcher der bedeutendste Grenzübergang an der innerdeutschen Grenze während der Teilung war. Im Rahmen einer Führung erfuhren die Bundesfreiwilligen unter anderem, wie die Passkontrolle am Grenzübergang ablief. Besonders eindrücklich war das darauffolgende Zeitzeugengespräch mit Herrn Grünheid, der aufgrund einer gescheiterten Flucht mit seiner schwangeren Frau zu mehreren Jahren Zuchthaus verurteilt wurde. Dort machte man ihm ein folgenschweres Angebot: Um seine schwangere Frau und sein Kind zu retten, sollte er als Inoffizieller Mitarbeiter für das Ministerium für Staatssicherheit tätig werden. „Wenn ich gewusst hätte, was auf mich zukommt – ich hätte mich nicht anders entscheiden können. Ich habe es für meine Frau und für mein Kind getan“, so der Zeitzeuge. Zum Abschluss des ersten Tages erfolgte ein Besuch der East Side Gallery in Berlin-Friedrichshain. Dabei handelt es sich um den längsten noch erhaltenen Teil der Berliner Mauer, der mit diversen Kunstwerken verziert ist.

Am nächsten Morgen ging es zur Bernauer Straße, wo sich mit der „Gedenkstätte Berliner Mauer“ einer der wichtigsten Erinnerungsorte der deutschen Teilung befindet. Hier wurden diverse Fluchtversuche unternommen, von denen einige scheiterten – was nicht selten hieß, dass die Fliehenden dafür mit dem Leben bezahlten. Besonders berührend war die Geschichte von vier kleinen Jungen, die an der Spree spielten und versehentlich ins Wasser fielen. Aufgrund der strengen Grenzüberwachung und des Schießbefehls traute sich niemand, die Jungen zu retten, sodass diese schließlich ertranken. Das darauffolgende Zeitzeugengespräch mit Herrn Hartmut Richter beinhaltete nicht nur dessen eigene Fluchtgeschichte, sondern auch spannende Details über seine Tätigkeit als Fluchthelfer, bei der er vielen Menschen dazu verhalf, sich ein neues Leben in der BRD aufzubauen.

Am Nachmittag stand ein Besuch der Erinnerungsstätte „Notaufnahmelager Marienfelde“ an, welches zwar aus der Zeit des geteilten Deutschlands stammt, aber auch heute noch als Unterkunft für Geflüchtete fungiert. Die Bundesfreiwilligen konnten sich hier verschiedene Themen in Kleingruppen selbst erarbeiten und anschließend dem Rest der Gruppe präsentieren, beispielsweise zu Fluchtursachen oder den gesetzlichen Regelungen bei der Ankunft in der BRD. Hierbei erkannten die Teilnehmenden, dass es viele Parallelen zwischen Fluchtgründen früher und heute gibt – eine wichtige Erkenntnis, da das Thema Flucht aktuell große öffentliche Aufmerksamkeit erfährt. Anschließend erfolgte ein Besuch des Jugendwiderstandsmuseums der DDR in der Rigaer Straße. Dort erwartete die Bundesfreiwilligen ein Vortrag u. a. über die Punkszene in der DDR und die sogenannten „Gammler“, die vom SED-Regime verfolgt und eingesperrt wurden. So neigte sich auch der zweite Tag dem Ende entgegen, den die Seminargruppe nach dem Abendessen mit einem kühlen Bad am Weißen See ausklingen ließ.

Am dritten und somit letzten Tag der Exkursion stand ein Besuch bei der Stasi-Unterlagenbehörde an, bei dem die Teilnehmenden eine begehbare Akte einsehen durften und das Büro von Erich Mielke, dem ehemaligen Minister für Staatssicherheit, besichtigen konnten. Abschließend erfolgte das für viele eindrucksvollste Ereignis der Exkursion: ein Besuch in Hohenschönhausen, durch das der Zeitzeuge Herr Körner führte, der selbst ein halbes Jahr zu Unrecht dort in Untersuchungshaft saß und anschließend eine dreijährige Haftstrafe in Brandenburg verbringen musste – getrennt von seiner Frau und seinen Kindern. „Es war schwer für mich, wieder nach Hohenschönhausen zurückzukehren. Aber es ist mir wichtig, meine Geschichte weiterzugeben.“ Die Teilnehmenden waren sichtlich berührt von der positiven Lebenseinstellung, die Herr Körner trotz der bewegten Vergangenheit an den Tag legte. Da Herr Körner ein ausgebildeter Tenor ist, hat er als Dankeschön zum Schluss noch das Lied „Die Gedanken sind frei“ vorgesungen. „Der Typ war einfach klasse!“, wie ein Teilnehmer bei der abschließenden Reflexion anmerkte.

So gingen drei ereignisreiche Tage mit informativen Gedenkstättenbesuchen und bewegenden Zeitzeugengesprächen zu Ende. Die Erinnerung an damalige Verhältnisse, dramatische Fluchtgeschichten und ungerechtfertigte Inhaftierungen führten den Bundesfreiwilligen eindrucksvoll vor Augen, wie wichtig es ist, die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu schätzen und zu verteidigen.