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„Darf Knast schön sein?“ – Seminar zum Thema Strafvollzug am Bildungszentrum Bad Oeynhausen

Im politischen Bildungsseminar „Auf der Stelle in die Zelle!?“ am Bildungszentrum Bad Oeynhausen beschäftigen sich Teilnehmende mit dem Thema Strafen. Neben verschiedenen Strafen im Wandel der Zeit ist es vor allem die heutige Gefängnisstrafe, die Anlass zur ausführlicheren Auseinandersetzung bietet. Dozentin Ines Kiepe beschreibt, wie das Produzieren eines Podcasts sowie die Methode „Rechteversteigerung“ Teilnehmende dazu anregt, sich mit dem Strafvollzug auseinanderzusetzen und gleichzeitig das Bewusstsein für die eigenen Rechte und die Bedeutung von Rechten in einem demokratischen Staat stärkt.

Als häufiger Weg im Umgang mit Straftäter:innen ist der Strafvollzug für die Teilnehmenden nicht selten mit einer Reihe von Fragen verbunden, z. B.: Wie sieht Strafvollzug in Deutschland aus? Wie (gut) funktioniert er? Welche Alternativen gibt es? Und was ist von diesen zu halten?

Auch der vermeintlich abstrakten Frage nach den Rechten von Strafgefangenen wird im Seminar nachgegangen. Eine „Rechteversteigerung“ soll der Frage Anschaulichkeit verleihen und betonen, was Freiheitsentzug als Strafe konkret bedeutet. Dabei entscheiden die Teilnehmenden zunächst, welche Rechte (z. B.: Recht auf Internet, Recht auf Ausbildung, Recht auf Freizeitbeschäftigung, …) ihnen wie wichtig sind, bevor sie wie in einer echten Versteigerung zum Verkauf angeboten werden. Die Versteigerung soll den Teilnehmenden nicht nur vor Augen führen, welche Freiheiten sie selbst in ihrem eigenen Alltag schätzen, sondern auch, welche Rechte ihre Grenzen im Alltag und insbesondere im Rahmen des Justizvollzuges finden.

Strenger oder lockerer Umgang mit Gefangenen

Außerdem bekommen die Teilnehmenden die Möglichkeit sich mit der Frage auseinanderzusetzen, inwiefern ein tendenziell weniger oder stärker restriktiver Strafvollzug gerecht ist und wie locker oder streng der Umgang mit den Gefangenen im Strafvollzug aussieht. Oder provokant gefragt: „Darf Knast schön sein?“ Hierzu nehmen sie unterschiedliche Rollen ein und entscheiden sich aus dieser Perspektive heraus für einen Strafvollzug ihrer Wahl. Ein Ziel hierbei ist es, Teilnehmenden durch einen Perspektivwechsel Vor- und Nachteile sowie Gründe für eine bestimmte Gestaltung des Strafvollzugs sichtbar zu machen.

Zur Vertiefung weiterer Facetten des Seminarthemas lädt der Projekttag ein, an dem Kleingruppen in unterschiedlichen Projekten ihrer Wahl aktiv werden und sich beispielsweise mit Alternativen zum geschlossenen Strafvollzug wie dem Täter-Opfer-Ausgleich befassen. Aber auch Menschenrechtsverletzungen an Gefangenen weltweit sind für die Teilnehmenden immer wieder ein wichtiges Thema.

Ein Podcast zum Projekttag

Wie das Vorgehen von der Themenfindung bis zur Fertigstellung des Kreativprojekts gestaltet sein kann, erläutert auf Anfrage die Teilnehmerin Larissa Fliess, die in ihrer Kleingruppe zum Thema Justizmord, also der Hinrichtung einer, aufgrund eines Justizirrtums verurteilten, unschuldigen Person gearbeitet hat. Um die Ergebnisse ihrer Gruppe zu präsentieren und auch selbst nochmal zu rekapitulieren, hat die Gruppe gemeinsam einen Podcast, also eine Radiosendung on demand, digital produziert und aufgezeichnet. Im Bildungszentrum Bad Oeynhausen konnten die Teilnehmenden das Podcast-Aufnahmestudio mit drei Mikrofonen für ihr Projekt verwenden.

Fliess: „Wir haben uns zum Thema Justizmord passende Fälle im Internet angeguckt, um uns einen Überblick zu verschaffen, worum es dabei genau geht. Dann haben wir uns einen Fall herausgesucht, der uns besonders interessant erschien. Zu diesem Fall haben wir dann eine kleine Geschichte geschrieben, die den Fall interessant und anschaulich erklären sollte. Anschließend haben wir die Geschichte vertont, also mit unterschiedlichen Sprechinnen und Sprechern eingesprochen.“

Auf die Frage, was sie am Podcast-Format besonders gereizt habe, antwortet sie: „Ich persönlich mag gute Podcasts. Sie sind meist informativ und witzig, deshalb dachten wir, es wäre eine gute Art unser Projekt zu präsentieren. Wir wollten dieses ernste Thema etwas lockerer angehen und es für alle interessant gestalten. Und es war mal etwas Neues, denn mit so guter Ausstattung hatten wir vorher noch nicht gearbeitet.“