Freiwillige des Bildungszentrums Karlsruhe auf Bildungsreise in Paris
Das Nachbarland entdecken, eigene interkulturelle Erfahrungen sammeln und die deutsch-französische Freundschaft aktiv gestalten – diese Gelegenheit bot sich 20 Freiwilligen am Bildungszentrum Karlsruhe. In einer ganz besonderen Seminarreihe stand das Thema „Deutsch-französische Geschichte und Zukunft – gemeinsam Europa gestalten“ am Bildungszentrum Karlsruhe im Vordergrund.
Höhepunkt der Seminarreihe war eine gemeinsame Reise nach Paris, die die Freiwilligen in Begleitung von zwei Dozierenden im November 2024 unternahmen. Die erste Erkenntnis vor Ort: In Frankreich ist dieses Datum ein Feiertag. Gedacht wird dem Waffenstillstand zum Ende des Ersten Weltkrieges im Jahr 1918. Dies ermöglichte den Freiwilligen einen ersten Austausch über die Unterschiede der Erinnerungskultur in Frankreich und Deutschland. Die Verwunderung über das präsente Gedenken an den Ersten Weltkrieg drückte eine Teilnehmerin mit dem Satz aus: „Ich hätte nicht gedacht, dass der Erste Weltkrieg hier so viel präsenter ist als in Deutschland.“
Kunstwerke mit politischen Botschaften
Für viele Freiwillige war es der erste Besuch in der französischen Hauptstadt. Nach der Ankunft hatten die Freiwilligen im Rahmen einer Stadtführung die Gelegenheit sich mit Street-Art-Kunstwerke im 20. Pariser Bezirk zu beschäftigen. Dabei sind diese Kunstwerke nicht nur bunt, sie vermitteln ebenso politische Botschaften. Von einer Expertin vor Ort erfuhren die Freiwilligen, wie die Stadtverwaltung lange mit der Akzeptanz dieser Kunstform rang. Mittlerweile wird Street Art von vielen Bewohnerinnen und Bewohnern als kulturelle Bereicherung und Partizipationsmöglichkeit erlebt.
Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der deutschen und französischen Gesellschaft standen die ganze Woche über im Fokus der Bildungsreise. Die Gruppe erkundete diverse Orte in Paris und Umgebung, um sich ein eigenes Bild zu machen. Am zweiten Tag trafen sich die Freiwilligen mit einer Gruppe französischer Freiwilliger des Service Civique – dem französischen Pendant zum Bundesfreiwilligendienst. Nach der Kennenlernphase und Überwindung der Sprachbarriere, tauschten sie sich in Kleingruppen zu verschiedenen Themen aus, etwa zu Rahmenbedingungen im Freiwilligendienst oder zu Klischees und Vorurteilen über das jeweils andere Land. Die französischen Jugendlichen hatten Kurzfilme zu den Themen Migration und Europäische Union vorbereitet, die als Grundlage für lebhafte Diskussionen dienten. „Die ersten Annäherungsversuche verliefen doch ganz gut. Und ich habe mich getraut, ein bisschen Französisch zu sprechen!”, berichtete eine Teilnehmerin begeistert.
Auseinandersetzung mit der französischen Vergangenheit
Im Anschluss besuchten die Freiwilligen das Pariser Museum zur Geschichte der Einwanderung. Sie erhielten einen tiefen Einblick in die französische Kolonialvergangenheit und den heutigen Umgang damit. Die Freiwilligen diskutierten, wie Migration die Gesellschaft formt und wie Fragen von Integration und Identität im politischen Raum aktuell verhandelt werden.
Solche Aspekte spielen bis heute eine Rolle im Kontrast zwischen dem luxuriös anmutenden Stadtzentrum von Paris und den mitunter schwierigeren Lebensbedingungen in den bezahlbareren Vorstädten der Metropole. Bei einer Exkursion in die Pariser Vorstadt Aulnay-sous-Bois erlebten die Freiwilligen selbst, wie lange es dauert, von dort aus zu pendeln. Vor Ort waren die beeindruckenden Baustellen des „Grand Paris Express“ zu sehen, einem Infrastrukturprojekt zur Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs in der Region Île-de-France.
Empfang in der Deutschen Botschaft Paris
Einen besonderen Empfang bereitete den Freiwilligen darüber hinaus die Deutsche Botschaft in Paris. In einem Gespräch mit Dr. René Rubbeling, Abteilungsleiter Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, konnten sie Fragen zum Alltag der deutsch-französischen Zusammenarbeit auf politischer Ebene stellen. Diese Themen hatten die Freiwilligen bereits im Seminar zur politischen Bildung bei einer Exkursion ins Europäische Parlament in Straßburg beschäftigt. So erhielten sie spannende Einblicke in den Alltag von Diplomatinnen und Diplomaten sowie Tipps, wie sie selbst eine diplomatische Laufbahn einschlagen könnten.
Nach fünf aufregenden Tagen in der französischen Hauptstadt kehrten die Freiwilligen mit neuen Perspektiven und der Motivation, das deutsch-französische Verhältnis weiter zu stärken, nach Karlsruhe zurück. Dort tauschten sie sich zu ihren gesammelten Erfahrungen und Erlebnissen aus und reflektierten die besonderen Eindrücke zur deutsch-französischen Geschichte. Im Sinne einer nachhaltigen Bildungserfahrung ist für den Sommer 2025 ein Gegenbesuch französischer Freiwilliger in Karlsruhe geplant. Die deutsch-französische Seminarreihe ist Teil einer seit mehreren Jahren bestehenden Kooperation zwischen dem Bildungszentrum Karlsruhe und französischen Partnerinnen und Partnern des Service Civique vor Ort, von der beide Seiten in der Grenzregion profitieren