Kindertagesstätte Anna Siemsen in Düsseldorf
Mit dem VWL-Bachelor in der Tasche arbeitete Vicky Both als Controllerin. Zahlen bestimmten ihren Alltag, doch ihr fehlte der Kontakt zu Menschen. Sie zog die Reissleine und startete als Bundesfreiwilligendienstleistende eine neue Karriere in einer Kindertagesstätte.
Morgens um halb neun, wenn Vicky zum Dienst antritt, ist schon ordentlich was los in der Kindertagesstätte. Die Kinder aus dem Frühdienst flitzen an den Garderobenhaken mit ihren Fotos vorbei in ihre Gruppen, andere Kinder werden gerade gebracht, Erzieherinnen begrüßen die Kleinen, Jacken werden aufgehängt, Pantoffeln gesucht, Brotdosen in Richtung Frühstückstisch getragen. Vicky schlüpft ebenfalls in ihre Hausschuhe und macht sich bereit für einen neuen Tag.
Den Schritt von der Festanstellung mit Gehalt zum Bufdi mit Taschengeld hat sie gut durchdacht und dann von langer Hand vorbereitet. „Als ich den ersten Gedanken hatte, bin ich direkt zum Arbeitsamt gegangen und habe mich schlau gemacht.“ Trotzdem waren die finanziellen Einbußen für die 26-Jährige kein Grund auf den Berufswechsel zu verzichten. „Die Vorraussetzungen für die Ausbildung ist ein Praktikum, das ist Grund Nummer 1 für mich für den Bundesfreiwilligendienst“, sagt sie. „Aber ich fand es auch wichtig, in eine Kindertagesstätte zu gehen als lange Probe.“ So kann die junge Frau sich ausprobieren und herausfinden, ob Erzieherin wirklich ihr Job fürs Leben ist. „Ich kann in Ruhe testen, ob ich diese Tätigkeit die nächsten 40 Jahre machen möchte.“
Auch wenn der BFD noch nicht zu Ende ist, kann Vicky schon eine Fazit ziehen: „Ich gehe gerne zum Dienst. Das was mir vorher gefehlt hat, habe ich jetzt. Ich komme abends gut gelaunt nach Hause und das ist das, was ich mir gewünscht hatte“. Und weil sie sich wohl fühlt, stehen die Pläne nach dem BFD auch schon fest: Sie strebt die klassische Ausbildung an der Erzieherschule mit anschließendem Anerkennungsjahr an, bald startet die Bewerbungsphase für einen Schulplatz.
Inzwischen ärgert Vicky sich ein wenig, das sie den Bundesfreiwilligendienst nicht schon früher direkt nach dem Abitur gemacht hat. Dann wäre ihr Lebenslauf vermutlich anders verlaufen, sagt sie lachend. Trotzdem hat sie in ihrem ersten Job viel gelernt, Erfahrungen, die ihr auch jetzt noch nützen: „Auch wenn inhaltlich Welten zwischen beiden Berufen liegen, kann ich hier einiges anwenden. Früher habe ich zum Beispiel im Team gearbeitet, das ist im Kindergarten auch so,“ erzählt die junge Frau.
Die Einsatzstelle: Bereits seit Anfang der 50er-Jahre betreibt die AWO Niederrhein die Kindertagesstätte Anna Siemsen in Düsseldorf, ursprünglich war sie als Modelleinrichtung mit längen Öffnungszeiten konzipiert, um vor allem Alleinerziehende zu unterstützen - und war mit dieser Konzeption eine der ersten in Westdeutschland. Das Haus verfügt über fünf Gruppen in denen insgesamt rund 100 Kinder im Alter von 4 Monaten bis zum Schuleintritt betreut werden.
Webseite der Einsatzstelle: www.awo-nr.de
Text: Sandra Langen-Straeter
Foto: Ulrich Weinert