Jessica Kühn
Bereichsleitung der Assistenzangentur der von Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel in Bielefeld
Seit wann sind in der Einrichtung Freiwillige im Einsatz?
Wir haben hier in der Assistenzagentur seit 2017 Bundesfreiwillige und junge Leute im Freiwilligen Sozialen Jahr im Einsatz.
Welche Erfahrungen machen Sie mit Freiwilligen?
Unsere Erfahrungen sind durchgängig positiv. Wir freuen uns sehr über die jungen Leute, die sich einbringen und mitgestalten wollen. Sie bringen frischen Wind und den aktuellen Zeitgeist in die Einrichtung. So bekommen wir mit, was die jungen Menschen draußen beschäftigt.
Die über 27-jährigen Freiwilligen im BFD sind eine neue Zielgruppe. Fallen dabei Besonderheiten auf?
Ältere BFDler bringen mehr Lebenserfahrung mit als die ganz jungen. Das hat Vorteile und manchmal auch Nachteile. Aber wenn sie bereit sind, sich in unser Arbeitsfeld zu integrieren, sich auf unsere Klientinnen und Klienten einlassen und offen sind für deren Lebenswelt, sehe ich da kein Problem. Unser erster Bundesfreiwilliger war schon über 40, als er hier angefangen hat. Davor hatte er als Betriebswirt gearbeitet. Von der Arbeit mit den Menschen hier war er so begeistert, dass er anschließend eine Ausbildung zum Heilerziehungspfleger begonnen hat und weiter in diesem Beruf arbeiten möchte.
Was verspricht sich Ihre Einrichtung vom Einsatz Freiwilliger?
Ohne die Bundesfreiwilligen könnten wir unseren Klientinnen und Klienten nicht so viele Angebote machen. Und: In einer älter werdenden Gesellschaft muss sich auch die Sozialwirtschaft überlegen, wie sie Nachwuchs gewinnen kann. Dafür sind die Freiwilligendienste ein sehr gutes Instrument. Die Bufdis lernen unsere Arbeit kennen und viele machen anschließend eine Ausbildung hier in Bethel. So bleiben sie uns als Fachkräfte erhalten.
Gibt es Abteilungen oder Bereiche, die Sie grundsätzlich nicht als Tätigkeitsfeld für Freiwillige sehen?
Grundsätzlich würde ich keine Tätigkeitsfelder ausschließen. Je nach Erfahrung, Offenheit und vielleicht auch Neugierde der Freiwilligen können Einsatzstellen passen oder eben nicht. Sicherlich gibt es Bereiche in denen mir der Einsatz von Freiwilligen ‚Bauchschmerzen‘ bereiten würde – etwa bei sehr komplex ausagierenden Klientinnen und Klienten. Natürlich prüfen wir sehr genau, welche Freiwilligen mit welchen Klientinnen und Klienten wie umgehen können. Einer unserer Bundesfreiwilligen hat mich immer wieder beeindruckt. Er hat sich nicht von angeblich schwierigen Klienten abschrecken lassen und ist einfach vorurteilsfrei an den Einsatz gegangen – das ist toll! Mir ist wichtig, dass wir die Freiwilligen verlässlich anleiten, begleiten und unterstützen. Damit lassen sich die meisten Schwierigkeiten überwinden.
Welche Wünsche und Anforderungen haben Sie an die Themen und Ziele der Bildungsseminare (pädagogische Begleitung) für die Freiwilligen?
Soweit ich das einschätzen kann, sind die Themen für die Seminare gut gewählt. Die Freiwilligen bringen viele Anregungen aus den Fortbildungen mit. Damit bereichern sie auch unsere Arbeit.
Wie ist die Praxisanleitung in den Einsatzstellen organisiert? Gibt es dafür Standards?
Unsere Bereichskoordination Julia Mosig kümmert sich um die Einführung der Freiwilligen, organisiert Reflexionsgespräche und Praxisbegleitung. Ich übernehme gern die Einarbeitung, Arbeitsschutzanleitungen und bin als Backup da. Die Freiwilligen können sich mit Fragen, Anregungen und Problemen an alle Teammitglieder wenden kann, die dann ggfs. weitergeleitet werden. Es gibt Standards für regelmäßige Gespräche und die Dokumentation. Auch das tägliche Einstiegsfrühstück möchten wir nicht mehr missen.
Zur Person
Jessica Kühn leitet seit 2016 die Assistenzagentur der von Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel. Nach der Ausbildung zur Heilerziehungspflegerin hat sie soziale Arbeit an der Fachhochschule in Bielefeld studiert.
Über die Einrichtung
Die 2009 gegründete Assistenzagentur Bethel vermittelt gut 300 Menschen mit Behinderung(en), Sucht- und psychisch Erkrankten ehrenamtliche Assistentinnen und Assistenten, die sie in ihrer Freizeit zum Beispiel ins Kino oder eine Diskothek begleiten, mit ihnen Einkaufen gehen, Ausflüge unternehmen und sie anderweitig auch im Alltag unterstützen.
Text und Foto: Robert B. Fishman